Segelflugpraktikum

A glider at sunrise.

Sunrise at the airfield Lanzen Turnau. (© Bernadett Weinzierl)

The "Segelflugpraktikum" is an annual field practical course, which is completed in the course "Meteorological Measurements". Students spend a week at an airfield where they put their theoretical knowledge into practice and assist glider pilots with weather forecasts.

Segelflugpraktikum 2022

Wind Nordost, Startbahn 07

Im Juni 2022 fand zum 13. Mal das Flugmeteorologische Praktikum der Universität Wien am Flugplatz Lanzen-Turnau statt. 5 Tage verbrachten 14 Studierende und 3 Betreuer*innen am Flugplatz, um theoretisch erlernte Grundlagen aus der Meteorologie und Aerosolphysik in der Praxis anzuwenden und maßgeschneiderte Wetterprognosen für Segelflieger*innen zu erstellen.

5 Uhr morgens am Flugplatz Lanzen-Turnau in der Hochsteiermark. Meteorologie- und Physikstudierende der Universität Wien messen Temperatur und Feuchte, lassen heliumgefüllte Ballone zur Bestimmung von Vertikalprofilen der Windgeschwindigkeit und -richtung steigen und beobachten die Anzahlkonzentration von Aerosolpartikeln in der Atmosphäre. Die Ergebnisse der Messungen werden kontinuierlich aufgezeichnet und stündlich werden zusätzlich Informationen über den Bedeckungsgrad und die Wolkentypen in eine sogenannte Synop-Meldung eingetragen.

 

Während die Gruppe am Rand der Landebahn ihre Messungen durchführt, zeichnet eine weitere Gruppe Wetterkarten und erstellt Wetterprognosen. Die dritte Gruppe beschäftigt sich mit der Entwicklung der Thermik, d.h. der Frage, ob und wann die Bildung von konvektiven Wolken eintritt und ob es gute Bedingungen für Segelflug gibt.

 

Die Ergebnisse der Messungen und Vorhersagen, vor allem der zu erwartenden Thermikbedingungen, werden um 10 Uhr im Morgen-Briefing präsentiert. Nach dem Morgen-Briefing werden die Wettervorsagen auf Basis von neuen Läufen verschiedener Wettervorhersagemodelle aktualisiert und die vorhergesagten Wetterbedingungen mit den Messungen validiert. Neben den Messungen am Flugplatz, haben die Studierenden ein Messnetz mit 5 Wetterstationen, in Stübming, Seetal, am Campingplatz, beim Lanzenkreuz und unter der Lanzen aufgebaut. Daten dieses Messnetzes werden für die Validierung der Wettervorhersagen verwendet, aber auch zur Analyse von lokalen Windsystemen in dem komplexen Talsystem des Aflenzer Beckens.

 

Um 17 Uhr findet das Abend-Briefing statt. Für den nächsten Tag kündigt sich der Durchgang einer Kaltfront und eines Troges an. Jedoch sind die Vorhersagen der unterschiedlichen Wettervorhersagemodelle nicht konsistent: Modell 1 sagt den Regenbeginn für 7 Uhr morgens vorher und gibt der Kaltfront mehr Gewicht, während die Modelle 2 und 3 den Regenbeginn für 15 Uhr vorhersagen und dem Durchgang der Trogachse die höhere Wetterwirksamkeit attestieren. Die Studierenden diskutieren mit ihren Betreuer*innen die physikalischen Parameter, die für die unterschiedlichen Modellvorhersagen sprechen. Sind die Segelflugbedingungen am Vormittag besser oder doch erst am Nachmittag? Es bleibt spannend!

 

Die Auflösung der interessanten Wettersituation bringt der Folgetag: kein Regen am Morgen. Es nimmt zwar der Bedeckungsgrad im Laufe des Vormittags zu, aber es bleibt trocken. Am Nachmittag zieht die Trogachse mit zwei Schauern über den Flugplatz. Es regnet aber so wenig, dass die Regenmesser des Messnetzwerkes keinen Regen melden. Im Fachjargon wird das als Spuren von Niederschlag bezeichnet.

 

Mit dem Abendbriefing ist der Arbeitstag aber noch nicht vorbei. Die wichtigsten Ergebnisse werden noch in Tagesprotokollen festgehalten und die Vorbereitung für den nächsten Tag steht an, wo die Gruppen aufgrund des Rotationsprinzips in ihren Tätigkeiten abwechseln. So vergeht das Praktikum wie im (Segel-)Flug. Die Studierenden werden mit jedem Tag sicherer in der Handhabung der Geräte und der Interpretation der Wetterkarten. Ein Highlight jagt das andere. Besonders erwähnenswert diesmal ist ein Flug mit dem Segelflugzeug, bei dem die vertikale und horizontale Aerosolkonzentration bis zu einer Höhe von etwa 2200 m bestimmt wurde.

 

Usus est magister optimus (Übung ist der beste Lehrmeister). Dieses Sprichwort ist wie geschaffen für dieses Praktikum. Theoretisch erlerntes Fachwissen wird hier durch die intensive Beobachtung des Wettergeschehens zum Leben erweckt und festigt und vertieft das Wissen der Studierenden.

 

Wir bedanken uns für die freundliche Aufnahme und Unterstützung beim Segelflugverein FSC Turnau insbesondere bei deren Obmann Andreas Binder. Ebenso gilt unser Dank den Grundstücksbesitzern, welche uns bereits bei mehreren Praktika die Erlaubnis gegeben haben, auf ihren Grundstücken unserer Wetterstationen aufzustellen.

 

Wir freuen uns schon auf das nächste Segelflugmeteorologische Praktikum, das für 2024 am Flugplatz Lanzen-Turnau geplant ist.

Kontakt

Ass. Prof. Dr. Manfred Dorninger
Univ.-Prof. Dr. Bernadett Weinzierl
Universität Wien